News vom: 07.01.2006, 21:15 Uhr
Die Generalstaatsanwaltschaft Karlsruhe hat eine Empfehlung zum Umgang mit Massenstrafanzeigen
gegen Filesharing-Nutzer ausgesprochen. Zuvor wurde darüber diskutiert, wie sie künftig
mit den zig tausenden Strafanzeigen umgehen sollen, die in Karlsruhe wegen mutmaßlichen Urheberrechtsverstößen
gestellt wurden (Fall Earth 2160 und Anzeigen mit Hilfe der Firma Logistep:
Strafanzeigen-Maschine gegen Tauschbörsen-Nutzer).
Daraus resultierte eine Empfehlung, die von Christine Hügel,
Generalstaatsanwältin Karlsruhe vorgelegt wurde und den geforderten
Bagatellregelungen der Bundesregierung sehr nahe kommen.
Dem Schreiben zufolge sollen die Staatsanwälte zwar in jedem Fall den Anschlussinhaber
ermitteln lassen, der zur in der Anzeige angebenen IP-Adresse gehört. Wenn in
der Anzeige aber nicht glaubhaft gemacht wird, dass der mutmaßliche Filesharing-Nutzer
zum angegebenen Zeitpunkt mehr als 100 verschiedene urheberrechtlich geschützte
Werke zum Tausch angeboten hat, sollen die Staatsanwaltschaften das Verfahren
einstellen. Bei 101 bis 500 Dateien sei "eine Beschuldigtenvernehmung angemessen".
Erst bei mehr als 500 verschiedenen Dateien "können Ermittlungen durchgeführt
werden, unter anderem erscheint eine Durchsuchung verhältnismäßig".
Diese Grenzen gelten laut Generalstaatsanwältin nur, wenn beim Beschuldigten
keine einschlägigen Vorstrafen vorliegen.
Diese Regelung bedeutet allerdings für die Strafanzeigenmaschinerie des Schweizer
Unternehmens Logistep kaum Sand im Getriebe. Die Firma ist darauf spezialisiert,
für Rechteinhaber bestimmte Dateien in P2P-Netzwerken aufzuspüren und die IP-Adressen
der Dateianbieter zu protokollieren. Die Karlsruher Rechtsanwaltskanzlei Schutt-Waetke
stellt sodann Strafanzeige gegen unbekannt. Dann warten die Anwälte, bis die
Staatsanwaltschaft den Anschlussinhaber zur IP-Adresse ermittelt hat, nehmen
sofort Akteneinsicht und mahnen den mutmaßlichen Rechtsverstoß ab.
In allen Fällen ging es bei den Strafanzeigen bisher
um das Angebot einer einzigen Datei. Diesen Beschuldigten dürften der neuen
Regelung zufolge also in den meisten Fällen keine strafrechtlichen Konsequenzen
mehr drohen. Da den Staatsanwaltschaften aber empfohlen wird, in jedem
Fall die Personalien des Beschuldigten zu ermitteln, erhält die Karlsruher
Kanzlei auch weiterhin bei Akteneinsicht die gewünschten Informationen, um
zivilrechtlich vorgehen zu können.
Überarbeitete Version des heise-Artikels v. 3.1.2006
|