News vom: 07.12.2005, 19:43 Uhr
Die französische Regierung will einen Gesetzesentwurf über den Schutz von Copyright
und benachbarten Rechten in der Informationsgesellschaft (DADVSI) in einem parlamentarischen
Eilverfahren zwei Tage vor Weihnachten durchs Abgeordnetenhaus jagen. Das Papier
an sich hat es in sich, da es stärker noch in als etwa hierzulande Kopierschutzmaßnahmen
zusätzlich rechtlich sanktionieren und das Umgehen der technischen Blockaden
kriminalisieren will. Verbände und Firmen der Unterhaltungsindustrie haben überdies
einen Änderungsantrag lanciert, mit dem Software für den Dateitransfer verboten
würde, die Rechtsverletzungen nicht technisch von vornherein verhindert. Davon
erwarten Experten gravierende Auswirkungen auf Open Source.
Laut des Gesetzesvorschlags drohen Nutzern, die ohne Erlaubnis der Rechtehalter
Programme zum Kopierschutzknacken verwenden, künftig Haftstrafen bis zu drei
Jahren sowie Geldstrafen in Höhe von 300.000 Euro. Verboten werden soll auch
der Einsatz freier Software zum Abspielen von Multimedia-Dateien wie VLC,
da diese etwa den Zugriff auf DVDs mit DeCSS-Verschlüsselung erlauben. Diese über
die EU-Richtlinie hinausgehende Gesetzespassage würde laut des französischen Info-Centers
EUCD.info (European Copyright Directive) "die Türen für Zensur öffnen".
Generell sehe die Gesetzesinitiative vor, viele der noch legalen alltäglichen
Nutzungsformen digitaler Güter massiv zu beschneiden. Ein Dorn im Auge sind Bürgerrechtlern,
die vor der "schlimmsten Urheberrechtsgesetzgebung in Europa warnen", zudem Bestimmungen
wie die zwangsweise Implementierung von Systemen zum digitalen Rechtekontrollmanagement
(DRM) in die Übertragungen von Online-Radios sowie der geplante Aufbau für ein
universelles Filtersystem bei den Providern. Damit könnte etwa nach E-Mails
Ausschau gehalten werden, so die Befürchtungen, welche Anhänge mit illegal kopierten
MP3s transportieren.
Besondere Empörung hat ein kürzlich eingebrachter Änderungsvorschlag an dem bisherigen
Entwurf ausgelöst, dem zufolge Software für die Übertragung kopiergeschützten
Materials ohne die Integration von Wasserzeichen oder DRM verboten werden soll.
Laut EUCD.info stammt der Antrag direkt aus den Rechtsabteilungen des Medienkonglomerats
Vivendi Universal, der Business Software Alliance (BSA) sowie der Verwertungsgesellschaft
SACEM, dem französischen Pendant zur GEMA. Betroffen sehen die Kritiker von der
"surrealistischen" Klausel neben Chat-Programmen sämtliche Server-Software und -Protokolle
wie Peer-2-Peer, HTTP, FTP oder SSH. Da alle Applikationen angesprochen würden,
welche für das Verfügbarmachen geschützter Dateien in Frage kommen, könnte dies
auch den Praktiken zur Veröffentlichung freier Software einen Todesstoß versetzen,
warnt EUCD.info. Dies hätte verheerende Auswirkungen auf die Innovation.
Laut der Free Software Foundation Frankreich (FSFF) haben das französische Kultusministerium
und Verlegerverbände der Musikindustrie die Programmierer freier Software bereits
darauf hingewiesen, dass sie auf Grund der vor der Verabschiedung stehenden Regeln
ihre Lizenzen überarbeiten müssten. SACEM soll zudem pauschal einen "Stopp der
Veröffentlichung freier Software" gefordert haben. Die FSFF sorgt sich daher
um einen möglichen "Bann" von Programmen mit frei verfügbarem Quellcode. Chancen
für eine ernsthafte parlamentarische Debatte über das Gesetz sieht die Vereinigung
nur noch für den Fall gegeben, dass das Kabinett die Eilbedürfnis des Verfahrens
zurücknimmt. Andernfalls seien die "unsäglichen Kontrollbestimmungen" im Interesse
der großen Konzerne kaum mehr aufzuhalten.
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