News vom: 09.04.2006, 21:55 Uhr
Der Richtervorbehalt beim geplanten zivilrechtlichen Auskunftsanspruch
von Urheberrechtsinhabern und -verwerten gegenüber Internet-Providern soll fallen.
Das forderten bei einer Veranstaltung des Instituts für Urheber- und Medienrecht
in München Vertreter verschiedener Verbände von Rechteinhabern. Im Rahmen der weiteren
Novellierung des Urheberrechts und der Umsetzung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie
zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sollen hierzulande auch indirekt an Rechtsverletzungen
beteiligte Dritte verpflichtet werden, die Identität von Verdächtigen preiszugeben.
Die Schaffung eines solchen Auskunftsanspruchs etwa gegen Internetprovider gehört
seit langem zu einem der am heftigsten umkämpften Punkte bei der Anpassung des Urheberrechts
an die digitale Gesellschaft. Das Gesetzesvorhaben soll es Konzernen etwa aus der
Musik- und Filmindustrie einfacher möglich machen, in zivilrechtlichen Verfahren
gegen illegales Filesharing vorzugehen.
"Die Erteilung der Auskunft nur mit Richtervorbehalt ist in der EU-Direktive
[zur Durchsetzung des geistigen Eigentums] nicht zwingend vorgesehen," sagte nun
Peter Zombik, Geschäftsführer der Deutschen Landsgruppe der IFPI. Die Richtlinie
zur Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten müsse rasch umgesetzt und die
so gespeicherten Daten dann auch für die zivilrechtlichen Auskunftsansprüche verfügbar
gemacht werden.
Genau wegen solcher Begehrlichkeiten der Medienindustrie hatten unter anderem
die europäischen Datenschützer Bedenken angemeldet. Und Hannes Federrath vom Lehrstuhl
"Management der Informationssicherheit" an der Universität Regensburg schrieb den
Vertretern der Rechteinhaber auf der Münchener Veranstaltung ins Stammbuch: "Was
Sie hier verlangen, das bekommen nicht einmal diejenigen, die die Konsumenten von
Kinderpornographie verfolgen."
Zombik und seine Kollegen aus dem Bereich der Film- und Musikindustrie wehren
sich allerdings sogar gegen die Beschränkung der Auskunftspflichten auf "Piraterie"
im "gewerblichen" Ausmaß. Dies werde die Verfolgung von Tauschbörsennutzern unmöglich
machen; eine solche gewerbliche Nutzung sei gerade bei der Verwendung dynamischer
IP-Adressen schwer nachweisbar. Thilo Gerlach, Geschäftsführer der Gesellschaft
zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), betonte, die Anforderung, nach
der eine gewerbliche Nutzung gegeben sein müsse, passe überhaupt nicht zu dem eigentlichen
Ziel, das man mit dem Auskunftsanspruch erreichen wolle. Bei den Tauschbörsen gehe
es ja gerade um die Nutzungsintensität, nicht um den gewerblichen Charakter. "Für
den Rechteinhaber ist es doch egal, ob eine Million Nutzer eine Datei anbieten oder
einer eine Million Dateien", sagte einer der anwesenden Anwälte. Durch den Anspruch
der "Gewerblichkeit" komme die im Gesetzentwurf für die weitere Urheberrechtsnovellierung
gekippte Bagatellklausel für private Kopien aus illegalen Quellen durch die Hintertür
wieder.
Keinen leichten Stand hatte Franziska Raabe, Referentin im Bundesministerium
der Justiz, die die Bestimmungen über Richtervorbehalt, Gewerblichkeit und die "Offensichtlichkeit"
des Urheberrechtsverstoßes verteidigte. Der Richtervorbehalt sei verfassungsrechtlich
geboten, lautete ihre Begründung. "Die Verfassungsrechtler im Ministerium sehen
in der Auskunftspflicht einen Eingriff in das Fernmeldegeheimnis", betonte Raabe.
Da also eine schwierige Abwägung gemacht werden müsse, habe man sich für den Richtervorbehalt
entschieden: Erst wenn ein Richter grünes Licht gegeben habe, dürften Rechteinhaber
oder deren Vertreter wie die IFPI vom Provider verlangen, dass er die Bestandsdaten
– also Name und Adresse – eines Kunden herausgibt, der zu einer bestimmten Uhrzeit
unter einer bestimmten IP-Adresse im Netz unterwegs war und dem Verstöße gegen das
Urheberrecht vorgeworfen werden.
Quelle:
heise
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